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Mode im Mittelalter von Gabriele Klostermann



Unterkleid

Unterhemd

Bild: Abb. 9a
Abb. 9a

Das Unterkleid (niderkleit, hemde) wird wie vorher aus weißem Leinen oder Seide gefertigt. Der Stoff dafür kann so fein sein, daß das Unterkleid transparent wirkt. Es dient auch hier dem Schutz des Oberkleides. Allerdings wird das Unterkleid nun nicht mehr sichtbar unter dem Oberkleid hervorgucken. Damit ist die Trennung von Unter- und Oberkleid vollständig.
Das Hemd des Mannes war kürzer (etwa oberschenkellang, Abb. 9a) als das der Frau (knöchellang).


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Bruche

Bild: Abb. 2
Abb. 2

Ebenfalls zu den Unterkleidern zählt die Bruche (brouch, brouche). Auffallend an diesem Kleidungsstück ist die ungeheure Stofffülle. Aber eine andere Form der "Unterhose" ist für das Hochmittelalter nicht bekannt.
Insgesamt scheint die Bruche oben in der Hüftgegend mit einer Art Gürtel (Bruchenband) befestigt worden zu sein. Einige Abbildungen deuten auf einen Tunnelzug hin. Das Bruchenband fungierte dabei nicht nur als Gürtel, sondern an ihm wurden auch die Beinlinge befestigt.

Die Rekonstruktion einer solchen Bruche ist natrugemäß ziemlich schwierig, da es keinerlei Fundstücke dafür gibt. Im Großen und Ganzen scheinen zwei sinnvolle Rekonstruktionsversuche zu existieren: der nach Barbara Purrucker ("Hochmittelalterliche Bauernkleidung", herausgegeben für den Förderkreis des Museumsdorfes Düppel e.V.) und der nach Sarah Thursfield ("Medieval Tailor's Assistant: Making Common Garments 1200-1500", ISBN 0-896-76239-4). Beide haben Stärken und Schwächen. Insgesamt erscheint mir jedoch der Purrucker-Schnitt sinnvoller, da er sich eher an den damaligen Maßen der zur Verfügung stehenden Leinenbahnen orientiert und auf die für das Hochmittelalter so typischen Schnittprinzipien zurückgreift. Wir haben ihn mit einer kleinen Abwandlung übernommen.
Der Purrucker-Schnitt geht von der üblichen Leinen-Stoffbreite von ca. 70 cm aus (heute noch bei antikem "Bauernleinen" zu finden). Von diesem Stoff braucht man etwa 2,80 m. Der Stoff wird dabei komplett und ohne Verschnitt verwendet, was den mittelalterlichen Gewohnheiten entspricht. Beim Purrucker-Schnitt entstehen innen an den "Hosenbeinen" Schlitze in der Bruche, was auf vielen Abbildungen nachzuvollziehen ist.
Oben kann der Stoff zu einem Tunnel umgenäht werden, durch den dann das Bruchenband gezogen wird. An der Stelle, wo Mittelteil und Beinteile zusammenstoßen, wird vorne je ein kleines Loch gelassen, durch welches das Bruchenband nach draußen geführt wird. Es befindet sich nun an der richtigen Position, dass man jeweils einen Beinling daran festknoten kann.

Der Thursfield-Schnitt, geht von einer Stoffbahn von 1 x 1,4 m aus (wobei eine Breite von 100 cm bei Leinen vermutlich eher selten war). Auch der Tunnel für den Gürtel muss hier extra angenäht werden und hat außerdem Löcher für das Bruchenband, die extra umsäumt werden müssen. Die Schlitze an den Hosenbeinen liegen hier außen.
Ich persönlich finde diesem Schnitt weder von der Optik noch von der Schnitt-Logik her besonders überzeugend - aber das ist meine persönliche Meinung. Welcher Schnitt der "richtige" ist, kann man ohne Zeitmaschine sowieso nicht feststellen, das ist und bliebt Geschmackssache.
Informationen zum Schnitt nach Thursfield finden sich im nebenstehenden Link-Kasten.


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Beinling

Bild: Abb. 3
Abb. 3

Auch die Beinlinge gehören zur Unterbekleidung. Das mittelhochdeutsche Wort für Beinling ist "hose". Eine Hose ist dabei ein Beinling, insgesamt trägt man also immer ein "Paar Hosen" (ein Begriff, der sich bis heute erhalten hat - obwohl man heutzutage nur ein Kleidungstück damit meint). Interessant ist es dabei auch, das englische Wort "hose" zu betrachten: es bedeutet Schlauch. Und auch die "Windhose" bezeichnet eine schlauchartige Erscheinung (mit nur einem Hosenbein ;-)).
Der Beinling ist also ein schlauchartiges Gebilde - man kann sich das Ganze etwa wie einen oberschenkellangen Strumpf vorstellen (Abb. 3), der an die Bruche angenestelt (angebunden) wurden.

Wobei es aus unserer Erfahrung sinnvoll erscheint, den Beinling vorne auf dem Oberschenkel spitz nach oben auslaufen zu lassen. Dies erleichert die Befestigung am Bruchenband.
Die Beinlinge sollten nach dem damaligen Geschmack möglichst hauteng sein, um die ganze Schönheit des Männerbeins zu betonen. Um das gewährleisten zu können, muß man über dehnbaren Stoff verfügen. Nach Aussagen von Ingrid Loschek in "Reclams Mode- und Kostümlexikon" gab es im Hochmittelalter bereits einen stretchartigen Stoff, dessen Dehnbarkeit durch die Art der Fadendrehung und des Webens erreicht wurde. Eine andere Möglichkeit ist das "Diagonalschneiden": nimmt man einen normalen Stoff und zieht ihn diagonal zur Fadenrichtung, weist er eine gewisse Dehnbarkeit auf.
Abbildung 3a zeigt, wie Bruche und Beinlinge kombiniert wurden (Ich bitte, die Auswahl dieses Bildes nicht irgendwie tiefenpsychologisch zu interpretieren! Es ist die beste mir vorliegende Abbildung von Bruche und Beinlingen und immerhin handelt es sich um ein Bild aus der Bibel, der Maciejowski-Bibel nämlich ;-)). Bruche und Beinlinge sind allerdings nur für Männer belegt.

Die Bruche wurde, wie oben beschrieben, mit dem Bruchenband an der Bruche angenestelt. Wie dies genau bewerkstelligt wurde, ist schwierig zu sagen. Einige Leute gehen von einem Nestelloch oben am Beinling aus, durch welches das Bruchenband gezogen und anschließend verknotet wird. Die einzige Abbildung, die ich kenne, die einen Befestigunsmeschanismus überhaupt erkennen läßt, ist wieder einmal aus der Maciejowski-Bibel (Abb. 3b). Hier sieht es so aus, als sei das obere spitz auslaufenden Ende des Beinlings mit einem Knoten versehen, um den das Bruchenband gelegt und dann verknotet wird. Bei Philipp klappt diese Methode jedenfalls ausgezeichnet.

Bild: Abb. 3a
Abb. 3a
Bild: Abb. 3b
Abb. 3b

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